Fachnews 27.05.2019

Datenschutz in der Kirche: Zum Umgang mit Bildern von Kindern und Jugendlichen

Am 4. April 2019 hat die Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten der Katholischen Kirche Deutschland mit ihrem Beschluss zum Umgang mit Bildern von Kindern und Jugendlichen fast vollständig neu eingeschätzt und beendet die bislang in der Praxis der Einrichtungen kaum umsetzbare Regelungsenge früherer Beschlüsse zu diesem Thema.  

Der Beschluss der Diözesandatenschutzbeauftragten macht bereits im ersten Satz deutlich, dass fast ein Jahr nach in Kraft treten des Kirchlichen Datenschutzgesetzes KDG), die bislang sehr engen Anforderungen zur Verarbeitung von Fotografien von Kindern unter 16 Jahren zugunsten neuer Auslegungen aufgegeben werden.

„Für die Rechtmäßigkeit der Erhebung und Speicherung von Bildern von Kindern und Jugendlichen ist es nicht zwingend erforderlich, dass eine Einwilligung der Sorgeberechtigten vorliegen muss“.

Das berechtigte Interesse tritt aus dem Schatten der Einwilligung

Neben der Einwilligung der Eltern oder Personensorgeberechtigten kommt damit auch das berechtigte Interesse im Sinne des § 6 Abs. 1 lit. g KDG in Betracht. In diesen Fällen ist jedenfalls vor jeder Verarbeitung eine Interessenabwägung zwischen dem berechtigten Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten an der Erhebung und Speicherung der Bilder und dem Interesse beziehungsweise den Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person erforderlich.

Während die Diözesandatenschutzbeauftragten der Katholischen Kirche in Ihrem Beschluss mit Bezug auf die Erhebung und Speicherung von Bildern (lediglich) darauf verweisen, dass die Interessen der Kindern und Jugendlichen „besonderes zu werten und zu berücksichtigen“ seien, befindet die Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht des Landes Brandenburg in ihrer Handreichung zur „Verarbeitung personenbezogener Daten bei Fotografien“ (Version 1.1 mit Stand vom 11. Juni 2018), dass, ebenfalls bezogen auf die Anfertigung von Fotografien, insbesondere dann von einer überwiegenden Schutzbedürftigkeit der Betroffeneninteressen auszugehen sei, wenn Aufnahmen von Kindern gemacht werden.

Im Ergebnis dürften beide Auslegungen für die Praxis auf etwa dieselben Anforderungen an die Berücksichtigung der spezifischen Interessen des abgebildeten Kindes wie etwa dessen Alter, der Zweck der Verarbeitung oder die Eingriffsintensität sowie die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens hinauslaufen.

Weniger offen als in der Formulierung bei der Erhebung und Speicherung von Bildern, fordern die Diözesandatenschutzbeauftragten für die Verarbeitung von Bildern durch Übermittlung und Verbreitung eine Einwilligung der Personensorgeberechtigten als regelmäßige Rechtsgrundlage. Nur ausnahmsweise könne die Verbreitung auf ein berechtigtes Interesse der Einrichtung gestützt werden.

Forderung an Konkretheit im Rahmen der Einwilligung nimmt ab

Im Beschluss nehmen die oberen Datenschützer der Katholischen Kirche ausdrücklich Abstand von der bisherigen Forderung, dass das konkrete Bild im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Einwilligungserklärung vorliegen müsse. Vielmehr reiche es aus, „wenn die Einwilligung für konkret benannte Veranstaltungen vor bzw. bei Beginn des Schul- oder Kitajahres für das jeweilige Jahr eingeholt“ werde.

Ob für die konkrete Benennung dabei neben der Bezeichnung der Veranstaltung (z.B. Sommerfest, Sternsinger,  Wallfahrt, Weihnachtsfeier) auch die Nennung eines definitiven Zeitpunkts notwendig ist bleibt im Beschluss offen. Da die Zeitpunkte zu Beginn der Schul- oder Kitajahre häufig noch nicht bekannt sein werden, spricht vieles dafür, dass eine Angabe der eindeutig benannten Veranstaltung zumindest in Fällen, in denen eine Benennung des Zeitraums faktisch nicht möglich ist, ausreichend sein kann.

Informations- und Transparenzpflichten

Abschließend weisen die Diözesandatenschutzbeauftragten darauf hin, dass die gesetzlichen Informations- und Transparenzpflichten in jedem Fall zu beachten seien. In diesem Kontext verweist der Beschluss jedoch mit Blick auf Fotografien bei Veranstaltungen oder ähnlichen Ereignissen ausdrücklich auf die Ausnahmeregelung des § 15 KDG.

„Die insoweit vorhandene Informationspflicht kann [..] nach § 15 Abs. 4 KDG zurücktreten, wenn sich die Erteilung der Information aufgrund der unüberschaubaren Menge der Betroffenen als unmöglich erweist oder einen unverhältnismäßig großen Aufwand erforderlich machen würde.“

Dass in diesen Fällen immer eine dokumentierte Beurteilung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls notwendig ist, wird ausdrücklich erwähnt, darf jedoch mit Blick auf den Regelungswillen der Informations- und Transparenzpflichten nicht überraschen.

Fazit

Nach den rechtlichen Unsicherheiten im Umgang mit Fotografien von Kindern unter 16 Jahren in Einrichtungen unter kirchlicher Trägerschaft ist der aktuelle Beschluss der Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten der Katholischen Kirche erfreulich praktikabel und gibt, ohne das erforderlich hohe Datenschutzniveau in den Einrichtungen zu gefährden, einen Rahmen vor, den die Verantwortlichen nun mit Leben und Anwendungsfällen füllen müssen.

Dabei wird der Beschluss sicherlich auch eine Ausstrahlwirkung auf staatliche und privatwirtschaftliche Kindertageseinrichtungen und Schulen haben, an denen das Thema ebenfalls noch immer für viele Diskussionen sorgt (hierzu auch unser Beitrag „Fotografie im Kindergarten – noch immer viel Unsicherheit in der Praxis“)*.

Die „neue Freiheit“ sollte indes nicht zu einem vorschnellen oder gar leichtfertigen Umgang mit Fotografien in den Einrichtungen führen. Die Begründung des Umgangs mit personenbezogenen Daten unter dem Rechtsgrund des berechtigten Interesses fordert gründliche Abwägungen und vollständige Interessenabwägung, die auf Anforderung der Datenschutzaufsichtsbehörde nachgewiesen werden müssen. Zu einem Teil wird in den Einrichtungen daher wohl die Erstellung von Einwilligungserklärungen durch die Erstellung von Dokumentationen zu Interessenabwägung abgelöst werden.

 

Autor: Matthias Herkert, Leiter Fachbereich Consulting und externer Datenschutzbeauftragter