Fachnews 03.04.2019

Datenschutz: Aufbewahrungspflicht von Bewerbungsunterlagen

Der Landesdatenschutzbeauftrage aus Baden-Württemberg hat jüngst eine neue Auflage seines „Ratgeber Beschäftigtendatenschutz“ herausgegeben. Die wohl auffälligste Änderung steht im Zusammenhang mit der Aufbewahrungspflicht von Bewerbungsunterlagen.

Eine der häufigsten Fragen, mit der wir im Bewerber- und Beschäftigtendatenschutz konfrontiert werden, lautet: Wann dürfen Bewerbungsunterlagen gelöscht werden?

Grundsätzlich gilt, dass personenbezogene Daten gelöscht werden müssen, sobald der Zweck, zu dem die Daten verarbeitet wurden, weggefallen ist. Für das Bewerbungsverfahren bedeutet das regelmäßig, dass die Unterlagen eines Bewerbers zu löschen sind, sobald der Bewerber eine Absage auf die von ihm konkret umworbene Stelle erhalten hat.

Löschhindernis Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Eine Ausnahme von der sofortigen Löschung besteht in nur wenigen Fällen. Entweder schreibt das Gesetz eine konkrete Aufbewahrungsfrist vor oder aus einer vertraglichen Vereinbarung oder aus sonstigen Umständen ergibt sich, dass eine längere Aufbewahrungsfrist erlaubt ist.

Im Bewerbungsverfahren setzt sich der Arbeitgeber regelmäßig der Gefahr aus, dass der Bewerber die Absage als eine unerlaubte Benachteiligung (Diskriminierung) im Sinne der Bestimmungen des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) empfindet. Eine Klage muss in diesem Fall vom Bewerber gemäß § 15 Abs. 4 AGG innerhalb zwei Monaten erhoben werden.

Würde der Arbeitgeber die Bewerbungsunterlagen unverzüglich nach Zweckfortfall, d.h. nach Absage des Bewerbers, löschen, könnten ihm erhebliche Nachteile in der Beweisführung entstehen, wenn er die für das Verfahren wichtigen Bewerbungsunterlagen nicht mehr vorliegen hat. Vor allem diese Fallkonstellation führte dazu, dass die Aufsichtsbehörden unter Anrechnung von Zustellungs-, Verzögerungs- und Kulanzzeiten bisher eine Löschfrist von 6 Monaten nach Zugang der Absage beim Bewerber akzeptiert haben.

Kürzung der Löschfrist

Der Landesdatenschutzbeauftrage aus Baden-Württemberg, Dr. Stefan Brink, hat im März 2019 die 3. Auflage des „Ratgeber Beschäftigtendatenschutz“ veröffentlicht und hierin erneut Stellung zu den Aufbewahrungsfristen genommen - mit neuem Ergebnis!   

Im Wesentlichen ist der oben beschriebene Argumentationsweg gleich geblieben. Am Ende der Argumentationskette steht nun aber das Ergebnis, dass Bewerbungsunterlagen bereits nach 4 Monaten statt den bisher angenommenen 6 Monaten zu löschen sind. Zu dem Ergebnis kam der Landesdatenschutzbeauftragte nach Abstimmung mit hiesigen Arbeitsgerichten, die eine durchschnittliche Zustellungszeit von Klageschriften an den Beklagten von 10 Tagen annehmen. Erhält der Arbeitgeber nach Ablauf von zwei Monaten und 10 Tagen nach Zustellung der Absage an den Bewerber keine Klageschrift von eben diesem, besteht keine Notwendigkeit die Speicherung von Bewerbungsunterlagen unter Anrechnung einer kurzen Kulanzzeit um mehr als 4 Monate zu verlängern.

Die neue Speicherfrist von maximal 4 Monaten macht eine Anpassung des unternehmensinternen Bewerbermanagements notwendig. Dabei sollten Arbeitgeber nicht nur die elektronisch gespeicherte Bewerbung löschen. Zu denken ist auch an die Vernichtung der ausgedruckte(n) Bewerbung(en) in Papierform, die man dem Vorgesetzten und ggf. auch der betreffenden Fachabteilung vorgelegt hat, sowie an die eigene E-Mailablage als auch die des Kollegen, dem die Unterlagen weitergeleitet wurden. Im Rahmen der elektronischen Bewerberkorrespondenz ist es empfehlenswert, ein eigens für Bewerbungen eingerichtetes E-Mail-Postfach so zu konfigurieren, dass Bewerber-E-Mails automatisch nach 4 Monaten gelöscht werden und nicht ins Backup rutschen.

Alternative: Einwilligung

Hat der Arbeitgeber ein Interesse daran, personenbezogene Daten eines Bewerbers über die 4 Monate hinaus zu speichern, um diese im Rahmen zukünftiger Bewerberauswahlverfahren zu verwenden, so kann er dies ausschließlich unter der Voraussetzung tun, dass er zuvor die Einwilligung des Bewerbers in die Speicherung der Daten eingeholt hat. Hier gilt es jedoch zu beachten, dass auch solche Einwilligungen nicht unbefristet gelten und dass der Bewerber über die geplanten Aufbewahrungsfristen transparent und eindeutig informiert werden muss.

 

Autor: Eileen Binder, Wirtschaftsjuristin LL.B. & Beraterin im Datenschutz