Fachnews 29.04.2019

Erbrecht international: Nachlassgestaltung mit Hilfe ausländischer Rechtsordnung

Erbrechtsfälle, welche einen Auslandsbezug innerhalb der Europäischen Union aufweisen, werden seit dem 17.8.2015 durch die Erbrechtsverordnung geregelt. Demnach richtet sich das anwendbare Erbrecht grundsätzlich nach dem Staat in welchem der Erblasser zuletzt gelebt hat. Es besteht aber auch die Möglichkeit, durch Testament das Erbrecht des Staates auf seinen Erbfall für anwendbar zu erklären, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besitzt.

Wenn der Erblasser die Staatsangehörigkeit eines Staates außerhalb der EU hatte oder wenn sich Vermögen des Erblassers im Ausland außerhalb der EU befindet oder der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatte, kann es zu einer sog. "Nachlassspaltung", also der Anwendbarkeit mehrerer  verschiedener Rechtsordnungen kommen. Was sich auf dem ersten Blick als Risiko darstellen mag, bietet jedoch auch eine Chance. So kann die Nachlassspaltung ein Gestaltungsmittel sein, wenn das ausländische Recht keinen Pflichtteilsanspruch kennt: Der Erblasser „schmälert“ den nach deutschem Recht bestehenden Pflichtteilsanspruch dadurch, dass er sein Vermögen in ausländisches Immobilieneigentum anlegt, welches bei Berechnung des Pflichtteilsanspruchs, nach im Einzelfall anzuwendendem ausländischem Recht, nicht zu berücksichtigen ist. Denkbar ist auch, dass der Erblasser zur Abwendung von Pflichtteilsansprüchen seine Staatsangehörigkeit wechselt.

Dass es bei internationalen Erbfällen schnell eine Doppelbesteuerung droht, wird bei der Ausgestaltung der persönlichen Lebensverhältnisse meist vergessen. Hinterlässt der Erblasser ausländisches Vermögen, wird der Erbe regelmäßig auch im Ausland zur Erbschaftsteuer herangezogen, es tritt also eine Doppelbesteuerung ein. Bei der Strukturierung der Nachfolgeplanung sollte dafür Sorge getragen werden, dass das Auslandsvermögen auch zur inländischen Steueranrechnung berechtigt, also dass bei einer inländischen unbeschränkten Steuerpflicht die im Ausland gezahlte Steuer zur Anrechnung kommt.

Internationales Recht muss bei den folgenden Faktoren in die Überlegungen einbezogen werden:  

  • Der Erblasser ist Staatsangehöriger eines anderen Staates und/oder hatte seinen letzten Wohnsitz außerhalb von Deutschland.
  • Einer der Erben wohnt im Ausland oder ist ausländischer Staatsangehörige.
  • Es gibt im Nachlass Vermögenswerte außerhalb von Deutschland.
  • Eine letztwillige Verfügung oder ein Ehevertrag wurde im Ausland errichtet.

 

Autorin: Jasmin Hadjiani, Rechtsanwältin, Immobilienbewerterin (DiA)