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Datenschutz: Aktualisierte Broschüre des Kultusministerium BW zum Datenschutz in Kindertageseinrichtungen

Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg hat Anfang Juli 2019 seine Informationsbroschüre »Datenschutz in Kindertageseinrichtungen« nach kompletter Überarbeitung und an die seit Mai 2018 geltenden Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGV) Anpassung herausgebracht. Was bringt die Broschüre an Neuerungen für die Praxis und wie schafft sie den vermeintlichen Spagat zwischen Datenschutz und Pädagogik?

Bereits im September 2012 hat das Kultusministerium Baden-Württemberg erstmalig die Broschüre »Datenschutz in Kindertageseinrichtungen« herausgegeben. Die Broschüre basierte damals auf dem in 2009 erschienen »Merkblatt über den Datenschutz in evangelischen und katholischen Kindertageseinrichtungen«, das die Anwendung des Datenschutzgesetz der Evangelischen Kirchen in Deutschland (DSG-EKD-alt) und der Kirchlichen Datenschutzanordnung (KDO) unterstützen sollte.

Um die Orientierung in der neuen Informationsbroschüre »Datenschutz in Kindertageseinrichtungen« zu erleichtern und bedeutende Änderungen leichter umsetzbar zu machen, greifen wir in den kommenden Wochen Einzelthemen im Rahmen weiterer Blog-Artikel heraus und kommentieren diese.  

Datenschutz ist umfangreich

Was fällt sofort auf? Der vielbeschworenen Aussage, »der Datenschutz« sei komplizierter geworden, trägt zumindest der Umfang der neuen Broschüre Rechnung. Während das Merkblatt der evangelischen und katholischen Kirchen 2009 noch  mit 13 Seiten und die ursprüngliche Fassung der Broschüre  mit einem Gesamtumfang von 28 Seiten auskamen, nimmt die nun vorliegende Aktualisierung bereits 36 Seiten in Anspruch.

Ein breites Feld von Autoren

Die Aktualisierung der Broschüre basiert auf der Zusammenarbeit des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg, den Datenschutzbeauftragten der katholischen und evangelischen Kirche, der kommunalen Landesverbände sowie der kirchlichen und sonstigen freien Trägerverbände.

Die vor dieser Zusammenarbeit gründende Sorge, Differenzen und Unklarheiten in der Auslegung der Datenschutzgesetze durch die Vertreter des Bundes, der Länder wie auch der beiden Kirchen könnte zu einer oberflächlichen und unkonkreten Darstellung in der Broschüre führen, bleiben unbegründet. Teilweise noch deutlicher als in der Vergangenheit werden dem Leser Handlungsvorgaben und Auslegungen dargestellt.

Der Umfang der Erläuterungen und Definitionen nimmt zu

Die aktuelle Broschüre greift viele grundlegende Begriffe wie etwa den der »personenbezogenen Daten« oder der »Einwilligung« erklärend auf, wo die früheren Themen diese als bekannt vorausgesetzt haben.

Und obwohl es zu begrüßen ist, dass keine Fachbegriffe vorausgesetzt werden, erweitert der Umfang der Definitionen die Broschüre nochmals. Da sich der Inhalt hierbei vorrangig an die Leitungen der Einrichtungen richten wird und die Leitungen durch die in den Einrichtungen regelmäßig zu bestellenden Datenschutzbeauftragten oder deren Träger im Rahmen deren gesetzlichen Aufgaben, insbesondere zu den Grundlagen im Datenschutz, schulen sollten (hierzu Artikel 39 Abs. 1 lit. a DSGVO, § 38 lit. c KDG und § 38 Nr. 3 DSG-EKD), wäre zumindest eine »Verlagerung« der Definitionen in einen Anhang aus unserer Sicht zu begrüßen gewesen. Ob zudem die Wiederholung ganzer Absätze innerhalb weniger Seiten sinnvoll ist, darf sicherlich bezweifelt werden (so etwa die Erklärung zu »Was sind personenbezogene Daten?« Auf den Seiten 8 und 11).

Viel Bekanntes und Änderungen im Detail

Für die meisten Leser dürfte indes interessant sein, was sich an den konkreten Vorgaben und Aussagen im Übergang vom alten auf das neue Datenschutzrecht geändert hat.

Und hier bestätigt sich nun, was inzwischen in vielen Einrichtungen und bei vielen Trägern als Erkenntnis durchsetzt – die DSGVO, wie auch die beiden neuen kirchlichen Datenschutzgesetze bringen kaum grundlegende Änderungen im datenschutzkonformen Alltagshandeln. Die Führung einer Bildungs- und Entwicklungsdokumentation, zum Beispiel als Entwicklungsportfolio des Kindes, bedurfte bislang der Einwilligung der Eltern und bedarf dieser auch unter neuem Recht. Dasselbe gilt nach wie vor für die Veröffentlichung von Fotos der Kinder im Internet und die Anfertigung von Ton- und Videoaufzeichnungen.

Etwas überraschen mögen die Ausführungen, dass Eltern, die im laufenden Betrieb der Kindertageseinrichtung anwesend sind (bislang bezeichnet als »hospitierende Eltern«) schriftlich auf das »Datengeheimnis« zu verpflichten seien, da es dieses unter der DSGVO nicht mehr gibt (anders im KDG beziehungsweise im DSG-EKD, wo das Datengeheimnis in § 5 KDG und § 26 DSG-EKD noch besteht).

Andere Anpassungen, wie die Aufnahme der Kontaktdaten weiterer Personen (Notfallkontakte, Abholpersonen) unter die Daten, die über den Aufnahmevertrag beziehungsweise den Betreuungsvertrag erhoben werden dürfen, sind für die Praxis in den Einrichtungen von hoher Bedeutung, jedoch im Text der Broschüre nicht immer leicht aufzufinden.

Im nächsten Teil unserer kurzen Blog-Serie geben wir Ihnen einen Überblick über die für die Praxis in Kindertageseinrichtungen, Kindergärten und Kinderhäusern relevanten Aussagen und Vorgaben für den nach wie vor sehr aktuellen Bereich der Fotografie sowie der Video- und Tonaufzeichnungen.

Fazit

Die Broschüre des Kultusministeriums ist auch in Ihrer nun aktualisierten Ausgabe nach wie vor eine gute praktische Hilfe für Entscheider und Leitungen in Kindertageseinrichtungen. Gerade beim erstmaligen Aufbau eines systematischen Datenschutzmanagements kann sie Verständnis schaffen und weis auf die wesentlichen Themen hin.

Ob nun einige Praxisbeispiele mehr, gegebenenfalls unter Weglassung einiger Erklärungen und Definitionen, wünschenswert gewesen wären, wird jeder Nutzer anders empfinden. Sehr zu begrüßen gewesen wären indes Hinweise für die Nutzer der alten Ausgaben der Broschüre, an welchen Stellen gegenüber den bisherigen Aussagen Änderungen notwendig werden. Denn auch wenn die intensive Beschäftigung mit den Inhalten und Aussagen für die Datenschutzbeauftragten in den Einrichtungen unzweifelhaft sehr spannend sein wird, für die Beschäftigten und Leitungen stellt das »herausangeln« der Änderungen im meist ohnehin engen Zeitbudget eine zusätzliche Herausforderung dar, die in der Praxis wohl meist die wünschenswerten Zeiten am Kind weiter verkürzen. 

 

Autor: Matthias Herkert, Leiter Fachbereich Consulting und externer Datenschutzbeauftragter

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